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Eine Milliarde Euro seit 2014: Land setzt weiterhin auf Wohnbauförderung

Leitartikel Haus & Grund Nr. 6/November-Dezember 2019:

Die Leistbarkeit von Wohnen in Vorarlberg ist auf der Agenda der neuen Landesregierung weit oben angesiedelt. Die dafür vorgesehene „Waffe“: Die Wohnbauförderung, die für 2020/2021 adaptiert wurde. Die Ökologisierung des Bauens steht dabei weiterhin im Mittelpunkt. Mit einer Reduktion des Zinssatzes will das Land darüber hinaus gegenüber den niedrigen Bankenzinsen wettbewerbsfähig bleiben.

Wie emotional aufgeladen das Thema Grund und Boden in Vorarlberg mittlerweile ist, bekam der neue Wirtschaftslandesrat Marco Tittler nur wenige Tage nach seiner Angelobung deutlich zu spüren. Die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Ludesch haben einer Betriebserweiterung der Firma Rauch Fruchtsäfte bzw. vielmehr der dafür erforderlichen Grundentnahme aus der Landesgrünzone eine Abfuhr erteilt – nicht zur Freude von Tittler. „Ich möchte nicht verhehlen, dass ich mir einen anderen Ausgang gewünscht hätte“, sagt er im Gespräch mit „Haus & Grund“ (siehe Seiten 4-5). Deutlich wurde in Ludesch, dass der Druck auf Grund und Boden in Vorarlberg mannigfaltig ist. Neben den Interessen der Wirtschaft und dem Erhalt von Naturräumen ist es vor allem der steigende Wohnraumbedarf, der der Landesregierung zu schaffen macht. Dem Thema „Leistbares Wohnen“ wird von der neuen Landesregierung daher hohe
Priorität beigemessen. Neben dem gemeinnützigen Wohnbau setzen Landeshauptmann Markus Wallner und Landesrat Tittler vor allem auf eine „Waffe“: Die Wohnbauförderung.

386 Euro jährlich pro Kopf
386 Euro fließen im Durchschnitt pro Vorarlberger pro Jahr in die Förderung des Wohnbaus, seit 2014 hat das Land in Summe knapp eine Milliarde Euro aufgebracht. Mit der Adaptierung der Wohnbauförderungsrichtlinien 2020/2021 sollen dabei zwei wesentliche Ziele unterstützt werden: Einerseits mehr Personen eine finanzielle Unterstützung durch die Wohnbauförderung zu ermöglichen, den Kreis der potenziellen Bezieher somit auszubauen. Und andererseits sollen die Klimaschutzziele des Landes unterstützt werden. Zwei Ziele, die sich auf den ersten Blick nicht zwingend befruchten – führen höhere Umweltstandards im Bau doch in der Regel zu höheren Kosten und somit wiederum zu höheren Wohnkosten. Landesrat Tittler will diese Gleichung allerdings nicht gelten lassen. „Die Standards der Basisförderung sind überschaubar. Höhere Förderungen werden hingegen über Boni gesteuert“, erklärt er gegenüber der „Haus & Grund“. Höhere ökologische Standards würden darüber hinaus zu niedrigen Heiz- und Betriebskosten führen – was wiederum positive Auswirkungen auf die Kosten habe.

Wohnbauförderungsrichtlinie 2020/2021
Anhebung der Einkommensgrenzen: Der Förderkreis wird ausgeweitet. Die Schwellen liegen zukünftig bei Einpersonenhaushalten bei 3.250.- Euro netto (statt 3.100.- Euro bisher) sowie bei Mehrpersonenhaushalten bei 5.800.- Euro (statt 5.500.- Euro).
Reduzierung der Verzinsung des Förderungskredits: Um gegenüber den niedrigen Bankenzinsen wettbewerbsfähig zu bleiben, wird der in Fünfjahresschritten gestaffelte Zinssatz ab dem elften Jahr um jeweils 0,25% gesenkt, der maximale Satz (ab dem 31. Jahr) um 0,75%. Die alternativ wählbare Fixverzinsung über die Laufzeit von 35 Jahren wurde von 1,75 auf 1,50% reduziert.
Förderung „Baugruppenprojekte“: Wenn sich private Bauherren zur Errichtung von Reihen- oder Mehrwohnungshäusern zusammentun, wird für die professionelle Unterstützung (beispielsweise den Architekten) ein Bonus in Höhe von 100 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche gewährt.
Energiespar- und Umweltboni: Besonders effiziente und ökologische Gebäude werden mit 20 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche unterstützt.
Regionales Holz: Die Reduktion der Transportwege bei Holzfenstern ist der Landesregierung eine Erhöhung des Bonus in Höhe von 20 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche wert.
Strengere CO2-Anforderungen gelten für gasbeheizte Wohngebäude.

Die Wohnbauförderung ist für die Landesregierung jenes Instrument, das federführend dafür sorgen soll, dass sich die Vorarlberger weiterhin Eigentum schaffen können. „Wohnen ist mehr, als ein Dach über dem Kopf zu haben. Der Wohnraum ist der unmittelbare Lebensraum der Menschen, er ist ein bestimmender Faktor ihrer Lebensqualität“, heißt es dazu im Arbeitsübereinkommen der Schwarz-Grünen-Landesregierung.
Entsprechend angepasst wurde somit auch die Wohnhaussanierungsrichtlinie – mit den identen Zielen der Wohnbauförderung: Ausweitung des Bezieherkreises und Erreichung der Klimaschutz-Ziele. Langfristig soll dadurch eine Sanierungsrate von drei Prozent erreicht werden.

Wohnhaussanierungsrichtlinie 2020/2021
Anhebung der Einkommensgrenzen: Die Schwellen liegen zukünftig bei Einpersonenhaushalten bei 3.250.- Euro netto (statt 3.100.- Euro bisher), bei Zweipersonenhaushalten bei 5.650.- Euro (statt 5.400.- Euro) sowie bei Mehrpersonen-
haushalten bei 6.300.- Euro (statt 6.000.- Euro).
Wärmedämmwert Fenster: Anpassung an gute, marktüblich Fenster.
Regionales Holz: Einführung eines Bonus in Höhe von 20% pro Quadratmeter Bauteilfläche.
Kreditlaufzeit: Alternativ wählbar 35 statt 20 Jahre, um die monatliche Rate leistbar zu gestalten
Erhöhung Sanierungsberatungsförderung: Für Eigenheime von 1.200.- auf 1.600.- Euro, für Mehrwohnungshäuser von 3.000.- auf 4.000.- Euro.

Wohnbeihilfe
Neben der Wohnbauförderung unterstütz das Land mit der Wohnbeihilfe jene Vorarlberger, die in eine finanzielle Notlage geraten sind bzw. Probleme haben, Miete oder Kredite aus eigener Kraft zu stemmen.

Weitere Anpassung?
Eine weitere Anpassung der Wohnbauförderung steht derweil bereits im Raum. Konkret im Anschluss an die Novellierung des Vorarlberger Baurechts. Mögliche Schwerpunkte einer solchen künftigen Anpassung seien:
Weitere Förderung der Leistbarkeit
Umgang mit Verdichtung
Teilbarkeit von Eigenheimen (Generationenhaus)
Soziale Nachhaltigkeit im Wohnbau

LH Wallner unterstreicht die Bedeutung der Wohnbauförderung: „Diese ist das wichtigste Instrument der Politik auf Länderebene, um beim Wohnen und beim Erwerb von Eigentum für die heimisch Bevölkerung eine Leistbarkeit zu gewährleisten. An dieser Länderkompetenz darf nicht gerüttelt werden.“